MEHR SALON EMMER

unterricht, kunst zum mitmachen, studio und verein salon emmer:
eva-maria kraft, lisa lengheimer, tanja dinter
www.salonemmer.at



6.2.10

INDIENTAGEBUCH: 8. Eintrag, 05.02. Kattaikuttu, eine schule in einem kleinen dorf nahe Kanchipuram, 16.00

im hintergrund indischer flöten(tröten)unterricht.
sind in den letzten tagen wirklich in indien angekommen:
- haben cafe in der strassenbar um 6 rupien (9 cent) getrunken (im vergleich der cappucino im eco-kaffe um 65 rupien)
- sind statt mit rikscha in überfüllten einheimischenbussen gefahren
(zugegeben nicht immer ein honigschlecken, vor allem dann nicht wenn man A nicht weiß wo aussteigen und grad niemand da ist der englisch spricht und B nicht aussteigen kann, weil zwischen menschen und gepäck eingequetscht)
- haben allerdings noch kein idli gegessen (idli: tamilische spezialität: briefmarkenschwämmchen aus reismehl). man muss es nicht übertreiben.
generell bewegen wir uns zwischen den indischen extremen.
am mittwoch waren wir bei mrinalinis unterricht in einem kindergarten nach englischem vorbild für priviligierte kinder, gestern abend zu gast in einer gemauerten dorfhütte.

nachdem wir gestern smoggy-noisy chennai verlassen haben, besuchen wir die kattaikuttu-schule in der nähe von kancheepuram, die von einer holländerin gegründet wurde. es werden hier ca. 40 kinder zwischen 10 und 18 jahren in der traditionellen volkstheaterkunst ausgebildet. nebenbei erhalten sie eine schulbildung und ein zweites zu hause (manchmal auch ihr erstes). die meisten der kinder kommen aus angrenzenden dörfern. die schule und das kleine guesthouse (in dem wir uns befinden) liegen in einer grünen oase und wir sind als gäste mehr als willkommen. es ist herrlich ruhig hier und die luft und die umgebung tun gut. die leute wirken hier trotz ihres einfachen lebens zufriedener als in der stadt und auch weniger aggressiv. wir genießen die ländliche idylle (unter tags hellblauer himmel, in der nacht kann man hier unzählige sterne sehen), plaudern mit den volunteers und essen gemeinsam am boden sitzend mit den kindern: reis, daal und gemüse aus aluschalen, mit der rechten hand versteht sich.

in der nacht sehen wir uns eine 8-stündigen kuttu-volkstheaterperformance der älteren schülerinnen und schüler an. mit einem taxi und zwei amerikanischen gästen fahren wir hinter dem bus der schule her. nach einer stunde fahrt (bei ca. 20 kmh, die strassen erlauben keine schnellere geschwindigkeit) kommen wir in einem dorf im nirgendwo an. wir werden von lauter trommelmusik begrüßt. es findet gerade ein umzug zu ehren einer göttin (name war nicht rauszufinden, sie reitet auf einer roten kuh) statt. die mehrere meter hohe statue wird von einem traktor gezogen, ein mann hebt mit einer langen stange die stromkabel zum durchfahren hoch. kurze zeit später ein unglaublich lautes feuerwerk bei dem im wahrsten sinne des wortes die fetzen fliegen und die detonationen mehrmals einen powercut verursachen. 'come come' - gemeinsam mit den vier europäischen volunteers werden wir in das haus einer schülerin gebeten. uns werden tee, naschereien und bananen serviert.
die 12-jährige über den besuch sichtlich stolze schülerin bringt uns jasminblumen fürs haar und malt uns tikka (segenspunkt) aus asche und roter farbe auf die stirn. auch der fernseher trägt eines - natürlich oben in der mitte.
um hier auf die toilette zu gehen verlässt man einfach den schlaf-, ess- und wohnraum und geht hinters haus, wo neben einem großen bottich aus wasser eine betonierte plattform als waschstelle (für geschirr, kleidung und körper) und toilette gleichermaßen dient.
während wir im haus sitzen und auf den beginn der show warten, bauen die kinder und ihre lehrer die von drei seiten einsehbare bühne und ein zelt als umkleide- und backstage auf und beginnen maske und kostüm anzulegen.
wenig später sitzen wir gemeinsam mit dem versammelten dorf auf strohmatten auf dem dorfplatz, lauschen den ungewohnten klängen tamilischer tröten, orgeln, zimbeln und trommeln und sehen einer anscheinend sehr amüsanten performance zu, von der wir kein wort verstehen. man hat uns die grundzüge der geschichte erzählt, es handelt sich um ein epos aus der mahabaratha. wir sehen theatralische abschnitte mit übertriebener mimik und ausladenden kostümen, die von immer wiederkehrenden tanz- und gesangseinlagen aufgelockert werden. nach zwei stunden tut uns der arsch weh, die restlichen sechs stunden (von mehreren stromausfällen untermalt) verbringen wir kauernd, liegend, dösend, frierend... und fasziniert von den kindern, die so lange fokussiert performen und den leuten, die ohne unterbrechung und lageveränderung zuschauen und emotional mitleben. kurz nach sonnenaufgang ist es dann plötzlich aus. alle springen auf, rollen ihre strohmatten zusammen und in fünf minuten ist der platz leer.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen